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Die Enkel, das Grosi und die Ferien

Die schönsten, klügsten, aufgewecktesten Enkel aller Zeiten dürfen in den Ferien die Hütetage bei mir zu Hause verbringen. Sie freuen sich jedes Mal und sind ganz aufgeregt, was sich jeweils mit noch mehr Energie als üblich manifestiert. 

Auch an diesem düsteren Montag im Juli wars wieder soweit. Vor lauter Aufregung zog der Grosse die Stiefel verkehrt herum an und der Kleine pflügte schreiend durch die Wohnung und suchte seinen Bäri und den Nuggi. Dann war es unmöglich, ihm die Jacke richtig anzuziehen, da der dick verbundene Finger an der linken Hand so komisch abstand. Er war am Vortag genäht worden – Scherben auf dem Grillplatz! So legte ich sie ihm nur um die Schultern und unter konstantem Geschnatter der beiden schafften wir es auf den Bahnhof und in die S-Bahn. «Grosi, wo müssen wir raus, Grosi, was hat sie gesagt, Grosi, warum tönt das so, Grosi, schau die Kühe, das Boot, die Autos, den Bagger, den Kran…»

Das Wetter stand bereits bei ihnen auf wackligen Beinen, bei mir schüttete es aus Kübeln. Ich versuchte, den Regenschutz übers Wägeli zu ziehen aber das klappte irgendwie nicht und sah seltsam aus. Während wir unter dem Regen durchschlurften, tropfte es dann auch unaufhörlich auf den Kopf des Kleinen durch kleine Löcher im Plastik, deren Funktion mir total unerklärlich war. Nass und leicht genervt trafen wir zu Hause ein, stiegen die Treppe hoch, Stiefel aus, Kinder mit Föhn getrocknet, aber es fehlte der Nuggi! Den brauchts zum Einschlafen, ohne Nuggi geht nichts, ohne Schlaf am Mittag aber auch nicht! Also blieb nichts anderes übrig, als die zwei wieder einzupacken, um einen Nuggi kaufen zu gehen. Begeistert waren die beiden nicht darüber, ich übrigens auch nicht.  

Im Supermarkt im Dorf gabs Nuggis, der Tag war gerettet und verlief danach nicht allzu schlecht. Am Abend regnete es wieder, nur hatte ich jetzt verstanden, wie man den Regenschutz montiert und dass es hilfreich sein kann, wenn dabei das Verdeck des Wagens hochgezogen ist. Ich lieferte die beiden ab, fuhr zurück, jetzt nur noch die Beine hochlagern. Kaum angekommen, erreichte mich eine WhatsApp, ob eventuell das Tierli des Grossen bei mir liegen geblieben sei, es herrsche gerade Weltuntergang. Ja, da lag es, inmitten der Legos. Ich fotografierte es und schickte es mit einem Gruss an den Grossen retour. Mein Sohn schrieb zurück, entschuldigte sich, aber der Grosse frage, ob ich allenfalls das Tierli mit den anderen Tierli von mir ins Kinderbett legen könnte und dann nochmal fotografieren. Ich arrangierte alles wie gewünscht, schickte das Bild, und oh Wunder, jetzt herrsche plötzlich Freude, schrieb mein Sohn. Es sei ja grad, wie wenn sein Tierli jetzt bei mir in den Ferien sei und ganz viel erleben könne, habe der Grosse erklärt. Mich berührte, wie er sich da eine Strategie bereitgelegt hatte und, in Anlehnung an das Kinderbuch «Briefe von Felix» beschloss ich, etwas aus der Situation zu machen. Während der nächsten Tage war das Tierli, ein übrigens relativ seltsames Ding, knallgelb und weder Fisch noch Vogel, mit mir unterwegs. Ich erntete mehr als einmal etwas fragende Blicke, wenn ich es auf Zugsitze setzte, im Velokörbli transportierte, auf Geländer drapierte und vor Aussichtspunkten fotografierte. Nun bricht der fünfte Tag an und mir gehen langsam die Ideen aus, was es noch erleben könnte, ich kenne die Erwartungen des Grossen! Heute wird es mir schon mal beim Putzen helfen müssen, dann bleibt noch ein Tag, dann haben wirs geschafft. Ich hoffe nur, der Grosse komme nicht auf die Idee, dass das Tierli noch eine Woche in den Ferien bleiben soll!

30.September
2025

Von Gabi Bucher

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